Ständig gibt es Veränderungen der Landschaft. Immer wird irgendwo eine neue Straße
oder Brücke gebaut, ein neues Baugebiet erschlossen oder ein Flusslauf umgeleitet. Damit
ist eine erst vor kurzem hergestellte topographische Karte bereits ganz schnell wieder
veraltet. Dann möchten die Nutzer möglichst schnell eine neue Karte, in der die
Veränderungen enthalten sind. Manch einer fragt sich dann, warum es manchmal recht
lange dauert und was eigentlich zu tun ist, bis die neue Straße in den Karten zu finden ist ?
Zuständig für die Herausgabe und für die Aktualisierung - der Fachbegriff heißt
"Fortführung" - der amtlichen topographischen Karten in Baden-Württemberg ist das
Landesvermessungsamt. Die wichtigsten Arbeitsschritte dieser Fortführung sind im
nachfolgenden Text beschrieben. Wer darüber hinausgehende Informationen zu
topographischen Karten bzw. zu ihrer Fortführung haben möchte, sollte sich direkt an das
Landesvermessungsamt wenden. |
Eröffnung einer neuen Straße
Foto: Pressefoto Votava/PID
von der Homepage des Magistrats von Wien
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Ohne Luftbilder geht gar nichts!
Die wichtigsten Unterlagen um festzustellen, was sich verändert hat sind Luftbilder. Luftbilder
herzustellen ist Aufgabe der "Photogrammetrie". Dazu ist Baden-Württemberg in fünf etwa
gleichgroße Blöcke aufgeteilt und jedes Jahr werden von einem dieser Blöcke in sogenannten
Bildflügen neue Luftbilder erstellt. Im sechsten Jahr geht es dann wieder von vorne los.
Bildflug
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Ausschnitt aus einem farbigen Luftbild
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Die Organisation der Bildflüge ist keine einfache Angelegenheit, denn es müssen bestimmte
Flugbedingungen vorherrschen. So darf es beispielsweise nicht bewölkt sein, es darf kein
Schnee liegen und die Schatten von Häusern und Bäumen sollen auch nicht zu lang sein. Da
alle diese und weitere Faktoren zusammen erfüllt sein müssen, sind nur wenige Tage im Jahr
für einen Bildflug geeignet.
Die vom Bildflugzeug erzeugten Bilder müssen nun entzerrt werden, das bedeutet, dass alles
auf einem Bild Enthaltene auf den einheitlichen Maßstab 1: 10000 gebracht wird. Diese
entzerrten Luftbilder heißen Orthophotos. |
Übersicht über die Blöcke für die Bildflüge und die
Fortführung des Basis-DLM und der Karten
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Das "Echterdinger Ei" in einer Präsentation des Basis-DLM
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Auch das Digitale Landschaftsmodell ist unverzichtbar
Jetzt vergleichen die Topographen das neue Luftbild mit dem alten Stand. Früher hat
man dazu tatsächlich eine Folie der alten Karte benutzt. Heute spielt das Digitale
Landschaftsmodell (=Basis-DLM) eine ganz wichtige Rolle bei der Fortführung von
topographischen Karten. Das Basis-DLM ist, vereinfacht gesagt, eine Datenbank. In
dieser Datenbank sind sämtliche Bestandteile der Landschaft als punktförmige,
flächenförmige oder linienförmige Objekte gespeichert. Zum Vergleich von "Alt" und
"Neu" legt man eine graphische Präsentation der DLM-Daten mit dem alten Stand auf das
neue Orthophoto und zeichnet sämtliche Änderungen auf die Folie des alten Standes
hoch.
Im Gegensatz zu den Karten, die in einem festgelegten Rythmus überarbeitet und
gedruckt werden, wird das DLM "spitzenaktuell" fortgeführt. Das bedeutet, daß die neue
Straße möglichst zeitnah eingearbeitet wird und so dessen Nutzerkreis, z.B. dem
Polizeinotruf 110, schnell zur Verfügung steht. |
Detailarbeit im Außendienst
Außendienstfahrzeug der Topographen mit GPS-Antenne
Foto: Achim Kern
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Veränderungen, die der Topograph nicht
einwandfrei im Luftbild erkennen kann,
werden im Außendienst vor Ort angesehen,
mit GPS eingemessen und dann
nachgetragen. Vor allem bei Bewuchs ist es
schwierig, Veränderungen im Luftbild zu
sehen. Zum Beispiel können im Wald Wege
oder an Bächen neue Fußgängerstege durch
hohe Bäume verdeckt sein. Es ist oft auch
schwierig, aus einem Luftbild festzustellen,
welche Bedeutung beispielsweise ein neuer
Wirtschaftsweg hat, also wie er in der Karte
dargestellt werden soll. Um diese
Feinarbeiten zu erledigen sind in
Baden-Württemberg ständig
Erkundungstrupps unterwegs.
Beim Landesvermessungsamt gehen auch
von anderen Stellen oder von Bürgern
laufend Änderungsmeldungen ein. Die
werden in einem "Digitalen Merkblatt"
gespeichert und stehen dann bei der
nächsten Bearbeitung eines Kartenblattes
zusammengefasst und gesammelt zur
Verfügung. |
Bildschirm zum Laptop eines Topographen
Foto: Achim Kern
Laptop eines Topographen
Foto: Achim Kern
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Damit ist die Arbeit der Topographen beendet und die Veränderungen, die im Außendienst von den Topographen nicht mit GIS-Systemen
erfaßt wurden, werden vom Erfassungsteam im Innendienst in das DLM eingearbeitet.
Nun ist die Kartographie ist am Zug
Nachdem das DLM abschließendend fortgeführt ist und nachdem
Präsentationsgrafiken, d.h. Ausdrucke aus dem DLM erstellt sind, kommen die
Kartographen an die Reihe. Sie arbeiten die Änderungen in die topographischen
Karten. Dazu muss man wissen, dass die topographischen Karten nicht nur in
gedruckter Form sondern auch als digitale Rasterdaten vorliegen. Was bisher
einzelne farbige Folien waren, z.B. schwarz für den Grundriss, blau für das
Gewässer, sind jetzt einzelne Ebenen im Rechner. Diese einzelnen Ebenen
werden aktualisiert.
Dazu sind viele Arbeitsschritte notwendig, auf die ich hier jetzt nicht näher
eingehen kann. Es dauert in der Regel einige Monate, bis alle notwendigen
Arbeiten dieser Arbeitskette erledigt sind. In dieser Zeit gibt es natürlich noch
weitere Änderungen. Deshalb werden bis ganz kurz vor Drucklegung wichtige
Änderungen, wie z.B. neue Straßen, auch aus Bauplänen in die Karten eingearbeitet,
damit diese zum Zeitpunkt des Drucks so aktuell, wie nur irgend möglich sind.
In der Praxis gestaltet sich das Ganze derzeit folgendermaßen: Im Jahr 2006
wurde das Gebiet um den Bodensee, das württembergische Allgäu und der
südlichste Bereich des Schwarzwaldes beflogen. Die Luftbilder und Orthophotos
sind erstellt und das DLM ist aktualisiert. In den nächsten Wochen beginnt die
Bearbeitung der topographischen Karte 1: 25 000 und Ende zum Ende des
Jahres ist dann mit den ersten Neuausgaben der Karten aus diesem südlichsten
Teil von Baden-Württemberg zu rechnen. |
Arbeitsplatz eines Kartographen
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Seit etwa einem Jahrzehnt gibt neben den herkömmlichen gedruckten Karten auch die zunehmend beliebten Landkarten-CD-ROMs wie z.B. die
Serie TOP 25 / 50 oder die Interaktiven Kartenwerke von MagicMaps. Bei diesen ergibt sich leider ein unvermeidliches Problem: Diese
CD-ROMs enthalten Karten von ganz Baden-Württemberg oder von großen Teilen davon und enthalten die Kartenstände der zum Zeitpunkt
der Herstellung der CD erhältlichen gedruckten Karten. Von den etwa 300 Blättern der Karte 1 : 25 000 für das ganze Land
Baden-Württemberg ist damit ein Fünftel bereits 5 Jahre alt und steht also kurz vor der nächsten Berichtigung.
Ausschnitt aus der RK 10
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Bundesweite Überlegungen sehen vor den Berichtigungsturnus der Karten
zukünftig auf drei Jahre zu verkürzen, um das Bedürfnis der Wirtschaft und der
Bevölkerung nach aktuellen Karten schneller zu befriedigen. Auch das
Landesvermessungsamt Baden-Württemberg kann sich diesen
Kundenanforderungen natürlich nicht verschließen.
Außerdem gibt es eine weitere ganz wichtige bundesweite Neuerung. Während bei
der derzeitigen Arbeitsweise jede topographische Karte in jedem Maßstab, d.h. in
1: 25 000, 1: 50 000 und 1: 100 000 separat von Kartographen bearbeitet werden
muss, wird zukünftig die Ableitung der Karten durch hochspezialisierte
Programme aus dem Basis-DLM direkt erfolgen. Einige Bundesländer haben dieses
Verfahren bereits eingeführt. Baden-Württemberg hat diesen Schritt noch vor sich.
Der Unterschied wird für den Benutzer ganz einfach am Kartenbild erkennbar sein,
denn die aus dem DLM direkt abgeleiteten Karten sind bunter und haben andere
Schriften als die bisherigen topographischen Karten.
Die links abgebildete RK 10 ist bereits direkt aus dem Basis-DLM abgeleitet. |
Ein ewiger Kreislauf
Egal auf welchem Herstellungsweg die berichtigten Kartenblätter entstehen. Nach wie vor müssen sie am Ende noch gedruckt und in den
Handel gebracht werden. Der Käufer findet die neue Straße in seiner Karte, die nun wieder solange aktuell ist, bis die nächste neue Straße
gebaut, oder ein weiteres Neubaugebiet erschlossen wird ....
Carsten Wasow (Landesvermessungsamt Baden Württemberg) |